Biografie
 

Béla Bartók...

...Komponist
...Pianist
...Pädagoge
...Musikwissenschaftler
...Volksliedforscher und -sammler
...Humanist

Béla Bartók wurde am 25. März 1881 in Nagyszentmiklós im Banat, Serbien (damals Ungarn, heute Sânnicolau Mare, Rumänien) geboren. Er war ein ungarischer Komponist und Musikethnologe, einer der bedeutendsten Vertreter der Moderne.
† 26. September 1945 in New York.

Seine Mutter gab ihm Klavierunterricht. Ab 1899 studierte Bartók Klavier und Komposition in Budapest. Von 1908-1934 war er Professor für das Klavierspiel an der Budapester Liszt-Hochschule. 1940 emigrierte er in die USA, wo er 1945 an Leukämie starb.

Neben zahlreichen Konzerten wurde er auch bekannt für seine Sammlung von Volksliedern. Béla Bartók unternahm weitläufige Reisen durch Ungarn, Rumänien, Slowakei, Transsilvanien und den vorderen Orient und sammelte dabei über 10.000 Lieder, die er phonographierte oder direkt schriftlich fixierte.


Kindheit und frühe Jahre

Seine Kindheit verbrachte Bartók im Königreich Ungarn des österreichisch-ungarischen Reiches, welches durch den Vertrag von Trianon nach dem Ersten Weltkrieg aufgeteilt wurde. Schon sehr früh fiel Bartóks außergewöhnliche musikalische Begabung, v. a. ein absolutes Gehör, auf. Beide Elternteile waren musikalisch, der Vater ein lokaler Musiker. Vor allem jedoch die Mutter förderte Béla in musikalischer Hinsicht von frühester Kindheit an. Schon in allerjüngsten Jahren begann Bartók, wie auch Mozart oder andere "Wunderkinder", mit kleinen Kompositionen. Leider fiel ebenso früh auch Bélas Neigung zu allerlei Krankheiten auf - was ihn auch ein Leben lang, bis zum verfrühten Tod, begleiten sollte. Nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1888, zog Bartók zusammen mit seiner Mutter und seiner Familie nach Vinogradiv, Prešporok (Pressburg), Grosswardein und Bistritz und ließ sich schließlich in Pressburg, dem heutigen Bratislava nieder. Nach der Gründung der Tschechoslowakei im Jahre 1918, fanden sich Bartók und seine Mutter auf den unterschiedlichen Seiten der Grenze wieder.

1907-1908 hatte Bartók eine unglückliche Neigung zu der hübschen, anmutigen Violinistin Stefi Geyer gefasst. Er widmete ihr sein erstes Violinkonzert und schenkte ihr die Partitur. "Stefi spielte das Konzert nie öffentlich. Vielleicht um die Erinnerung an eine Jugendliebe zu bannen, verschloss sie das Manuskript im Notenschrank, wo es beinahe ein halbes Jahrhundert ruhte. Während dieser Zeit bekam niemand die Partitur zu Gesicht, sie galt sogar zeitweise als verschollen. Wenige Jahre vor ihrem Tod beschloss Stefi, dass das Werk nach ihrem Tod aufgeführt werden solle, und sie vertraute ihr Geheimnis Paul Sacher an. Stefi starb 1956. Die Partitur wurde Paul Sacher überreicht, und das wiederum brachte ein merkwürdiges Zusammentreffen ans Licht: Das erwähnte "Stefi-Motiv" Bartóks [D - Fis - A - Cis] war identisch mit einem zentralen Motiv in Willy Burkhards 1943 vollendetem, Stefi Geyer und Paul Sacher zugeeigneten Violinkonzert."
 

Frühes Schaffen

Später fing er an, unter István Thoman Klavier und unter János Koessler Komposition zu studieren. An der königlichen Musikakademie von Budapest lernte er um 1905 Zoltán Kodály kennen.

Kodály brachte Bartók auf das systematische Studium der nationalen Volksmusik. Fortan arbeitete er nun mit Kodály zusammen. Diese Tätigkeit hatte einen ausschlaggebenden Einfluss auf Bartóks künstlerischen Stil. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nämlich die ungarische Volksmusik vor allem mit der von "Zigeunern" in den Städten vorgetragenen Musik in Verbindung gebracht, so wie sie etwa von Franz Liszt in den "Ungarischen Rhapsodien" oder auch von Johannes Brahms in den "Ungarischen Tänzen" verarbeitet wurde und so diesen Werken internationale Popularität verschafft hatte.

Bald stellte sich jedoch heraus, dass es sich hierbei eher um romantisch nachempfundene, neu komponierte Kunstlieder handelte. Bartók dagegen suchte nach der originären Musik der ländlichen Bevölkerung; Bartók selbst sprach von "Bauernmusik". Schon im Jahre 1903 hatte Bartók ein ausführliches Orchesterwerk mit dem Namen Kossuth geschrieben. Dieses Werk fällt in die Phase eines gesteigerten Nationalbewusstseins Bartóks und ist Lajos Kossuth, dem Helden der ungarischen Revolution im Jahre 1848, gewidmet. Hier ist noch auffällig der populäre, romantische "ungarische Stil" verarbeitet, der auch von Bartók damals noch für "original ungarisch" gehalten wurde.

Das erwähnte "gesteigerte Nationalbewusstsein" Bartóks muss hier jedoch auch im Kontext der Zeit gesehen werden. Große Teile der ungarischen Bevölkerung waren der österreichischen Fremdherrschaft schon lange überdrüssig. Als widerlich empfand man auch die "Deutsch-Mode" in wohlhabenden Familien, wo es 'chic' war, Deutsch zu sprechen (auch Bartók beklagt das in einem Brief) und die übermäßige Orientierung des Kulturbetriebes (u. a. in Budapest) auf Österreich und Deutschland.

Bartók, wie auch viele andere Künstler in ganz Europa, war hinsichtlich der Musik auf der Suche nach einem nationalen Stil. Dieser sollte aus dem Alten, was es noch zu entdecken galt, schöpfen und gleichermaßen etwas Neues schaffen. An bloßer "Ungar-Tümelei" war Bartók nicht gelegen. Durch seine musik-ethnologischen Forschungen ging ihm bald auf, wie wenig doch regionale Kulturen auf Nationalität zu beschränken sind und in welcher gegenseitigen Einflussnahme sie schon immer standen. In einem späten Brief Bartóks etwa heisst es: "Mein Ziel ist die Verbrüderung der Völker. In diesen Dienst stelle ich meine ganze Kraft.(...)"
 

Einflüsse auf Bartóks Musik

Die Musik von Richard Strauss, den er im Jahre 1902 bei der Uraufführung von Also sprach Zarathustra in Budapest traf, hatte einen ersten großen Einfluss auf sein Schaffen hinsichtlich Orchestermusik. Der romantische Überschwang erschien ihm jedoch schon bald als nicht mehr zeitgemäß. Ein bleibenderen Eindruck hinterließ die Musik von Franz Liszt. Besonderen Einfluss übte jedoch die Volksmusik aus. Gerade ihre Schlichtheit und bisweilen raue Direktheit faszinierten Bartók. Daneben sah er in der Verwendung "alter" Tonleitern (dorisch, mixolydisch, äolisch etc.) und der primitiven Pentatonik, wie sie originäre Volksmusik fast überall aufweist, einen kreativen Anschub in Richtung einer neuen, eigenen harmonischen Sprache jenseits des so etablierten Dur/ Moll-Systems. Neben der Volksmusik wirkte auf das eigene Schaffen z. B. die Musik der jüngeren Franzosen wie etwa von Claude Debussy einflussgebend. Impressionistische Klangfarben kann man z. B. in Bartóks "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" sowie in vielen kleineren Klavierwerken hören. Volksmusik findet sich explizit z. B. in der "Tanzsuite" oder auch im 1. Streichquartett verarbeitet. Von der Zwölftonmusik, also der non-hierarchischen Behandlung aller möglichen Töne des abendländischen Musiksystems, hielt Bartók jedoch wenig. Wenn er auch bisweilen in sogenannter bitonaler oder bimodaler Weise komponierte, so wollte er jedoch immer tonale Zentren ausgemacht oder auszumachen wissen.
 

Bartóks berufliche Entwicklung

Bartók war ein ausgezeichneter Pianist und strebte zunächst auch eine Karriere als solcher an, doch schon 1907 bekam er von der königlichen Akademie eine Anstellung als Professor. Dies machte es ihm möglich, in Ungarn zu bleiben, anstatt als Pianist eine Tournee durch Europa unternehmen zu müssen. In die Jahre 1907/08 fällt mit dem 1. Violinkonzert die Komposition eines der wohl persönlichsten Werke Bartóks. Er widmete es seiner damaligen großen Liebe, der um einiges jüngeren Geigerin Stefi Geyer. Noch vor Beendigung des Werkes brach Geyer jedoch den Kontakt zu Bartók ab, bat aber um Zusendung des Werkes. Somit beließ es auch der im Liebeskummer getroffene Komponist bei den bis dahin komponierten zwei Sätzen. Erst 1958 gelangte das "unfertige" Werk zur Uraufführung.

1909 heiratete Bartók Márta Ziegler. Ihr Sohn Béla junior wurde 1910 geboren. 1911 schrieb Bartók seine einzige Oper “Herzog Blaubarts Burg”, die er seiner Frau Márta widmete. Dieses Werk war sein Beitrag zu einem Wettbewerb, der von der ungarischen Kommission für schöne Künste ausgeschrieben war, doch diese wies es zurück, mit der Begründung, es sei unspielbar. Diese "Begründung" spricht für ausgesprochenen Konservatismus und Angst vor "Neuem". "Neu" war wohl v.a. die ungewohnte Dramaturgie: Der vergleichsweise kurze Einakter (Spielzeit etwa 60 min.)ist im Grunde ein fortwährender Dialog nur zweier Darsteller (Blaubart und Judith). Auch fällt die, für Verhältnisse der Oper, schlichte Art zu singen auf: Sie ist bisweilen liedhaft und die Eigenheiten der ungarischen Prosodie sind auffällig gestaltet, d.h. der Gesang ist sehr rhythmisch. Bis 1918 war die Oper kein einziges Mal aufgeführt worden, als die Regierung Bartók unter Druck setzte, den Namen des Librettisten Béla Balázs aus politischen Beweggründen aus dem Programm zu entfernen. Bartók weigerte sich und ließ die Uraufführung ins Wasser fallen. Den Rest seines Lebens stand Bartók der ungarischen Regierung kritisch gegenüber.

Aus seiner Enttäuschung über die Kommission für schöne Künste schrieb er in den nächsten zwei oder drei Jahren weniger und konzentrierte sich verstärkt auf sein Bestreben, eine große Sammlung ungarischer Volkslieder aufzubauen. Als Resultat veröffentlichte er 1922/23 "Das Ungarische Volkslied" ("A magyar népdal", auch auf deutsch und englisch). Hierbei handelt es sich weniger um einen bloßen Sammelband ungarischer Volksmelodien und -texte, als vielmehr um einen streng wissenschaftlich orientierten Versuch einer Systematisierung der Melodien nach Typen und Alter. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zwang ihn jedoch, weitere Expeditionen auf der Suche nach Volksliedern einzustellen. Er widmete sich wieder vermehrt dem Komponieren. Aus dieser Phase seines künstlerischen Schaffens ging das Ballett “Der Holzgeschnitzte Prinz” (1914-1916) und sein zweites Streichquartett (1915-1917) hervor. Durch seinen “hölzernen Prinzen” kam Bartók zu Weltruhm.

Anschließend arbeitete Bartók an einem weiteren Ballett, "Der wunderbare Mandarin", das Parallelen zu Igor Stravinsky aufweist. Obwohl Bartók die Arbeit am “Wunderbaren Mandarin” schon im Jahre 1918 begann, wurde das Ballett bis 1926 auf Grund seines Inhalts, der von Prostitution, Räuberei und Totschlag handelte, nicht aufgeführt. Auch im Jahr 1926 ließ der damalige Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer, äußerem Druck folgend, aufgrund des Sujets weitere Aufführungen in Köln verbieten.

Bartók ließ sich 1923 von Márta scheiden und heiratete eine Klavierstudentin namens Ditta Pásztory. Bartóks zweiter Sohn Péter wurde 1924 geboren. Für Péters Musikunterricht komponierte Bartók eine sechsbändige, nach Schwierigkeitsgraden abgestufte Sammlung von Klavierwerken, die unter dem Namen "Mikrokosmos" noch heute von Klavierschülern benutzt wird. Es sollte das letzte Werk sein, das er in Europa schrieb.
 

Der Zweite Weltkrieg und Bartóks spätere berufliche Laufbahn

Aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges und der sich sukzessive verschlechternden politischen Lage in Europa, war Bartók im Jahre 1940 dazu geneigt, Ungarn zu verlassen. Bartók verurteilte den Nationalsozialismus aufs Schärfste. Nachdem die Nazis in Deutschland die Macht übernommen hatten, weigerte er sich, weiterhin in Deutschland aufzutreten und wandte sich von seinem in Deutschland ansässigen Verleger ab. Außerdem untersagte er deutschen und italienischen Rundfunksendern 1937, seine Werke weiterhin zu senden. Seine liberalen Ansichten brachten ihn in große Schwierigkeiten mit rechtsradikalen Ungarn.

Nachdem er seine Manuskripte in die USA geschickt hatte, zog er, zusammen mit seiner Frau, nolens volens in die USA. Péter folgte ihnen zwei Jahre später. Béla Bartók jr. hingegen blieb in Ungarn.

Bartók fühlte sich in den USA nicht wohl und empfand es als schwierig, weiterhin zu schreiben. Auch kannte man ihn in den USA kaum, und es bestand nur geringes Interesse an seinen Werken. Bartók und seine Frau gaben Klavierunterricht, auch Konzerte und waren zeitweilig mit einer Forschungsarbeit über serbische Volkslieder beschäftigt; dennoch war ihre finanzielle Lage, ebenso wie Bartóks Gesundheit, in einem bedenklichen Zustand.

Eines seiner letzten Werke war eine Auftragsarbeit für Sergei Kussewizki. Das "Konzert für Orchester" wurde das wohl bekannteste Werk Bartóks. Yehudi Menuhin beauftragte ihn, eine Violinsonate zu komponieren. Er fand wieder Kraft zum Komponieren und begann mit seinem kühlen und fast neo-klassizistischen dritten Klavierkonzert, beinahe fast zeitgleich mit seinem Bratschenkonzert.

Im Jahre 1945 starb Béla Bartók in New York City an Leukämie. Sein Bratschenkonzert blieb unvollendet und wurde später von seinem Schüler Tibor Serly vervollständigt. Sein 2. Klavierkonzert, bereits 1933 vollendet, wurde 1947 von Andor Foldes in New York uraufgeführt.

Er wurde auf dem Ferncliff-Friedhof in Hartsdale (New York) beerdigt, aber nach dem Sturz der politischen Verhältnisse in Ungarn 1988 wurden seine Überreste nach Budapest transferiert und am 7. Juli 1988 bei einem Staatsbegräbnis auf dem Farkasréti Friedhof beigesetzt.

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